Ich war sprachlos. Mir fehlten wirklich die Worte. Und das gleich in zweierlei Hinsicht.
Vor ein paar Jahre bin ich mit meiner guten Freundin Anna über den Sommer in die Karibik geflogen. Vom Flughafen aus schlugen wir uns mit unserem Schul-Englisch durch. Doch ich hatte schon Probleme, die Worte zu finden, um dem Taxifahrer zu sagen, wo wir hin wollten.
Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Als introvertierter Typ n die Karibik zu fliegen, ohne
anständig Englisch zu sprechen. Am Hotel angekommen gab ich dem Taxifahrer mit einem
„Sänk ju!“ ein Trinkgeld.
Und Anna? Mir blieb die Sprache weg!
Ich hatte noch nicht einmal unsere Koffer aus dem Taxi ins Hotel getragen, da war sie bereits
im regen Austausch mit der Dame an der Rezeption.
Sie hatte sich weit über den Tresen gelehnt, ihre Fü.e baumelten in der Luft und sie schaute
auf den Bildschirm der Rezeption, während die Empfangsdame mit lautem Lachen wild
gestikulierte.
Zwei Minuten später kam Anna lächelnd auf mich zu: „Ich habe und mal eben ein kostenloses
Upgrade klargemacht.“
Ich sah sie ungläubig an und folgte ihr in unsere neue Suite.
Sprache verbindet
Wie macht sie das nur? Das hatte ich mich später immer wieder gefragt. Zum Beispiel als
Anna bereits nach einer Stunde mit allen Gästen an der Bar per Du war.
Ich konnte mir Ihren Erfolg nicht erklären, denn in unseren Englischkenntnissen lagen wir
gleichauf. Doch sie zierte sich nicht. Sie plapperte scheinbar einfach wild drauf los.
Erst später entdeckte ich, das Anna mir in einer entscheidenden Fähigkeit deutlich überlegen
war: Sie konnte mühelos Verbindungen zu anderen Menschen aufbauen. Und dazu nutzte sie
mehr als ihre Sprache.
In diesem Urlaub lernte ich also viel von ihr. Später vertiefte ich diese Kenntnisse in meinen
Studien rund um Kommunikation und entdeckte die faszinierenden Theorien, die dahinter
lagen.
Kaum ein Thema faszinierte mich mehr und mit kaum einem Thema habe ich meiner Zeit als
Coach und Trainer mehr Menschen zum Erfolg verholfen.
Denn was Anna intuitiv beherrschte, ist der Schlüssel zum Erfolg in Verkauf, Führung und
selbst zum erfolgreichen Date oder zur erfüllten Beziehung.
Im Folgenden findest Du sieben Tipps, wie Du starke Verbindungen zu Menschen aufbaust
1. Wen mögen wir am liebsten?
Menschen mögen Menschen, die so sind wie sie selbst. Das ist der große Schlüssel hinter
starken Verbindungen zwischen Menschen.
Allein aus evolutionärer Sicht ergibt das Sinn, denn wenn uns etwas vertraut ist, können wir
leichter einstufen, ob es Gefahr bedeutet oder nicht.
Je mehr Du Deinem Gesprächspartner ähnelst, desto familiärer wirkst Du auf ihn.
Im Volksmund heißt es: Gleich und gleich gesellt sich gern. In der Tat ist es leichter, eine
Gespräch mit einem wildfremden Menschen zu beginnen, wenn ihr eine Gemeinsamkeit habt.
In Amerika nutzen die Menschen gerne den Herkunftsort. Kommen zwei Menschen zum
Beispiel aus dem gleichen Staat, haben sie sofort einen gemeinsamen Nenner, von dem aus
sie ins Gespräch starten können. Smalltalk bricht das Eis.
2. Sprich die Sprache Deines Gegenübers
Damit meine ich nicht, dass Du Englisch sprechen solltest, wenn Dein Gegenüber nur diese
eine Sprache kann. Das versteht sich von selbst, oder?
Ich meine damit vielmehr, dass Du auf die Wortwahl Deines Gegenübers achten solltest.
Welche Schlüsselw.rter wiederholt er immer wieder? Betont er manche Wörter besonders
deutlich? Damit zeigt er Dir, was wichtig für ihn ist.
Viele Menschen sagen oft mehr, als sie bewusst beabsichtigen. Das ist ein großes Geschenk
für jeden, der gelernt hat, genau hinzuhören.
Das Resultat ist, dass ihr beide die gleichen Worte nutzt, um über das Gleiche zu sprechen.
So kommt ihr schneller in Euren Flow.
3. Spiegle die Körpersprache Deines Gegenübers
Wie Anna uns schon gezeigt hat, ist Sprache mehr als das, was aus unserem Mund kommt.
Dazu gehört auch die Gestik. Manche Menschen legen zum Beispiel ihre Hand aufs Herz,
wenn ihnen etwas sehr wichtig ist. Tust Du das bei Deinen wichtigen Botschaften auch,
versteht Dein Gegenüber intuitiv die Wichtigkeit Deiner Worte.
Das Gleiche gilt für die Mimik. Bleibe nicht neutral, wenn Du Trauer oder Leid im Gesicht des
anderen siehst. Nicht umsonst verfügen wir Menschen über Spiegelneuronen, mit denen wir
uns in andere hineinversetzen können. Probier es selbst mal aus!
Nehmen wir Freude als Beispiel. Such Dir ein Bild eines Menschen, der richtig gut drauf ist.
Nun beobachtest Du sein Gesicht und ahmst seine Mimik nach.
Was macht er mit seinen Augenbrauen? Sind seine Lippen offen oder geschlossen? Wie
stark sind seine Wangen angespannt? Ahme die Details in seinem Ausdruck nach und Du
wirst verblüfft sein, wie Du sein Gefühl plötzlich auch in Deinem Körper entfaltet.
Indem wir Gestik und Mimik unseres Gesprächspartners nachahmen, fühlen wir uns noch
tiefer in ihn hinein.
Natürlich solltest Du dabei stets subtil vorgehen und ein paar Sekunden Zeit vergehen lassen,
bevor Du dem anderen „folgst“. Dein Gegenüber sollte davon bewusst nichts mitbekommen,
sonst geht die ganze Sache schnell mal nach hinten los.
4. Triff den richtigen Ton
Manche Menschen sprechen schnell, manche langsamer. Doch oft sind wir uns dessen
selbst gar nicht bewusst. Im Laufe unseres Lebens entwickeln wir unsere eigene
Ausdrucksweise, die tief mit unserem Wesen verbunden ist.
Oft hängt das damit zusammen, wie wir die Welt sehen. Stark visuell geprägte Menschen
sehen zum Beispiel Bilder vor ihrem inneren Auge, wenn sie reden, und beschreiben diese
mit ihrer Sprache. Das führt oft dazu, dass sie relativ schnell sprechen.
Andere Menschen sprechen verstärkt aus dem Gefühl heraus. Gefühle brauchen etwas mehr
Zeit, um sich aufzubauen. Somit sprechen diese Menschen oft deutlich langsamer.
Ganz gleich, ob jemand schnell oder langsam spricht, laut oder leise, indem Du Deinen
Tonfall an seinen anpasst, verlegst Du das Gespräch in seine Welt, wo er sich wohlfühlt.
5. Passe Deine Atmung an
Zugegeben, für mich klang das auch erst einmal seltsam. Die Atmung meines Gegenübers
nachahmen? Als ich das zum ersten Mal hörte, sah ich mich vor meinem inneren Augen
schon hechelnd vor dem Hund meiner Nachbarin knien.
Doch als ich es dann selbst – mit einem Menschen – ausprobiert habe, wurde mir gleich klar:
Das funktioniert wirklich! Der andere bemerkt es kaum, doch im Gespräch führt es zum
Beispiel dazu, dass beide Teilnehmer gemeinsam kurze Wortpausen einlegen, weil sie gerade
zusammen einatmen.
Das verbindet nicht nur, sondern ihr seid auch rhythmisch auf einer Wellenlänge. Die
Unterhaltung wirkt sofort harmonischer.
6. Wiederhole die Worte Deines Gegenübers
Wenn Du merkst, dass Dein Gesprächspartner gerade eine für ihn wichtige Botschaft in ein
paar treffenden Worten zusammengefasst hat, dann wiederhole diese Worte.
Damit unterstreichst Du die Bedeutung nochmal und gibst Deinem Gegenüber das gute
Gefühl, ihn voll verstanden zu haben.
Beispiel: Dein Gegenüber sagt: „Mir ist ganz besonders wichtig, dass unser Kundenservice
sich wirklich mit dem individuellen Problem des Kunden auseinandersetzt.“
Dann kannst Du sagen: „Sie möchten also, dass Ihr Kundenservice die Kunden versteht?
Verstehe ich Sie richtig, dass das Servicepersonal auf das individuelle Problem des Kunden
eingehen und sich damit auseinandersetzen soll?“
Dein Gegenüber wird erfreut lächeln und Dir mit gutem Gefühl zustimmen.
7. Leg den Schalter im Kopf um
Der letzte und aus meiner Sicht wichtigste Punkt: Geh von Anfang an in das Gespräch mit
der Einstellung, dass Du Dich super mit Deinem Gegenüber verstehen wirst.
Wenn Du zweifelst oder ängstlich bist, dann beherrschen Dich Deine negativen Gefühle. Sie
führen dazu, dass Du nicht voll im Moment bist und entsprechend wirst Du Dich auch
weniger auf das konzentrieren können, was gerade passiert. Das nennen wir auch eine
selbsterfüllende Prophezeiung.
Löse Dich also von jedem Zweifel. Mein Tipp dazu: Geh kurz vor dem Gespräch für ein paar
Minuten in die Power-Pose. Dabei stellt Du Dich hüftbreit hin und streckst Deine Arme wie
Rocky in den Himmel. Schon nach kurzer Zeit wirst Du spüren, wie der Held in Dir lebendig
wird.
Wenn Du mit dieser Energie in das Gespräch gehst, kann Dich nichts und niemand aufhalten.
Fazit – alles nur Manipulation?
Oft fragen mich Kunden in Trainings, ob diese Kniffe nicht einfach nur Manipulationen sind,
mit denen wir das bekommen, was wir vom anderen wollen.
Darauf frage ich gerne: Was ist das Ziel zweier Menschen, die ein Gespräch starten? Richtig!
Verstehen und verstanden werden.
In meinen Augen profitieren also immer beide. Du manipulierst ihn nicht, sondern ihr führt ein
sehr effizientes Gespräch. Du lernst, ihn besser zu verstehen und er bekommt viel schneller
genau das, was er sich von Dir wünscht.
Geht es Dir nicht auch manchmal so, dass Du Dich heute im Alltag kaum noch verstanden
fühlst? Dass Menschen Dir zwar gegenübersitzen, physisch anwesend sind, doch Du hast
nicht den Eindruck, dass Deine Botschaft beim anderen ankommt.
Hört Dich Dein gegenüber nur? Versteht er Dich auch? Kann er vielleicht sogar spüren, was
Du fühlst? Das ist echtes Verständnis!
Was passiert, wenn wir uns wirklich verstanden fühlen? Wir bauen Vertrauen auf. Und nichts
stärkt die Verbindung zwischen zwei Menschen so sehr wie gegenseitiges Vertrauen. Darauf
folgt Offenheit und ehe wir uns versehen, befinden wir uns mit einem eben noch Fremden im
freudigen Austausch wie Anna in der Hotel-Lobby.
Mit diesen sieben Tipps gehst Du ab sofort mit mehr Sicherheit in Deine Gespräche und
schaffst tiefe Verbindungen zu anderen Menschen. Du machst schnellere Abschlüsse im
Verkauf, hast ein besseres Miteinander im Team und schaffst tiefe Beziehungen zu den
Menschen, die Dir wichtig sind.
Wie denkst Du darüber? Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen.
Dein Jonathan
Bild: Unsplash